Samadhi ist ein Bereich des Bewusstseins. Viele Menschen sind ins Samadhi eingetreten, doch die Verwirklichung [= Erleuchtung] findet erst statt, wenn wir mit dem Höchsten Absoluten eins geworden sind. Wir können in gewisse Samadhis eintreten, ohne das Höchste zu verwirklichen. In ein Samadhi einzutreten, ist wie das Alphabet zu kennen; Verwirklichung jedoch heißt einen Doktortitel zu erhalten. Man kann das Samadhi nicht mit der Verwirklichung vergleichen. Das Samadhi ist ein Bewusstseinszustand, in dem man ein paar Stunden oder ein paar Tage lang bleiben kann. Nach einundzwanzig Tagen hört der Körper gewöhnlich auf zu funktionieren. Doch wenn man einmal die Verwirklichung erlangt hat, bleibt diese für immer. Und in der Verwirklichung ist das ganze eigene Bewusstsein untrennbar und ewig eins mit Gott geworden.
Es gibt drei Stufen des Samadhis: Savikalpa-Samadhi, Nirvikalpa-Samadhi und Sahaja-Samadhi. Das Savikalpa-Samadhi ist ein erhebender und glühender Bewusstseinszustand, während Verwirklichung ein bewusster, natürlicher und manifestierender Bewusstseinszustand ist. Wenn die Verwirklichung dämmert, befreit sich der Sucher von der menschlichen Persönlichkeit und der menschlichen Individualität. Er ist wie ein kleiner Wassertropfen, der in den Ozean fällt. Sobald der Tropfen in den Ozean fällt, wird er zum Ozean. Dann sehen wir die Persönlichkeit oder die Individualität des einen Tropfens nicht mehr. Wenn man die höchste Wahrheit verwirklicht, dringt das Endliche in das Unendliche ein und verwirklicht und erringt das Unendliche als ganz sein eigen. Wenn die Verwirklichung einmal stattgefunden hat, kann ein Meister leicht in das Savikalpa-Samadhi eintreten. Auch das Nirvikalpa-Samadhi ist für eine gottverwirklichte Seele nicht schwer zu erreichen. Nur das Sahaja-Samadhi, das die höchste Form des Samadhis darstellt, ist ein Problem, selbst für die allerhöchsten gottverwirklichten Seelen.
Im folgenden Video demonstriert Sri Chinmoy das Savikalpa- und das Nirvikalpa-Samadhi für ein paar Minuten und erläutert die Bewusstseinszustände zuvor.
Das Savikalpa-Samadhi
Es gibt verschiedene niederere Samadhis, und unter diesen kleineren Samadhis ist das Savikalpa-Samadhi das höchste. Unmittelbar nach dem Savikalpa kommt das Nirvikalpa-Samadhi, doch zwischen Savikalpa und Nirvikalpa besteht eine große Kluft. Jedoch, obwohl sich das Savikalpa-Samadhi eine Stufe unter dem Nirvikalpa-Samadhi befindet, gebrauchen wir den Ausdruck „niedereres Samadhi“ nicht. Wir nennen das Savikalpa-Samadhi nicht niederer als das Nirvikalpa-Samadhi; es sind zwei völlig verschiedene Samadhis. Es gibt auch etwas jenseits des Nirvikalpa-Samadhis genannt Sahaja-Samadhi. Doch Savikalpa und Nirvikalpa sind die bekanntesten Samadhis.
Im Savikalpa-Samadhi verlierst du für eine kurze Zeit sein menschliches Bewusstsein völlig. In diesem Bewusstseinszustand ist die Vorstellung von Zeit und Raum ganz anders. Mit menschlicher Zeit können wir hier nichts mehr anfangen, ebenso mit der menschlichen Art den Raum zu betrachten. In diesem Samadhi sind wir ein oder zwei Stunden lang in einer völlig anderen Welt. Du siehst, dass dort fast alles bereits getan ist. Hier in dieser Welt gibt es viele noch unerfüllte Wünsche in dir selbst und in anderen. Millionen von Wünschen sind nicht erfüllt und Millionen von Dingen bleiben noch zu tun. Aber wenn du im Savikalpa-Samadhi bist, siehst du, dass praktisch alles getan ist; du hast nichts zu tun. Du bist nur ein Instrument. Wenn du gebraucht wirst, gut und recht; ansonsten ist alles getan. Doch vom Savikalpa-Samadhi muss jeder wieder zum normalen Bewusstsein zurückkehren.
Innerhalb des Savikalpa-Samadhis gibt es verschiedene Stufen. So wie es in derselben Schulklasse glänzende Schüler und miserable Schüler gibt, so erreichen gewisse Sucher im Savikalpa-Samadhi die höchste Stufe, während weniger strebsame Sucher nur eine niederere oder mittlere Sprosse der Leiter erreichen, wo nicht alles so klar und lebendig ist wie auf der höchsten Ebene.
Im Savikalpa-Samadhi gibt es Gedanken und Ideen, die von verschiedenen Seiten her kommen, doch sie berühren dich nicht. Während du meditierst, bleibst du ungestört und dein inneres Wesen funktioniert in einer dynamischen und sicheren Weise.
Das Nirvikalpa-Samadhi
Wenn du aber ein wenig höher bist, wenn du mit der Seele im Nirvikalpa-Samadhi eins geworden bist, wird es dort überhaupt keine Ideen oder Gedanken mehr geben. Hier endet der Tanz der Natur. Hier gibt es keine Natur – nur unendlichen Frieden, unendliche Glückseligkeit. Der Wissende und das Gewusste sind eins geworden. Alles ist ruhig. Hier erfreust du dich einer höchst göttlichen, alles durchdringenden, selbstverliebten Ekstase. Du wirst zum Objekt der Freude, du wirst zum sich Freuenden und du wirst zur Freude selbst.
Das Nirvikalpa-Samadhi ist das höchste Samadhi, das die meisten spirituellen Meister erreichen, und dann nur, wenn sie die Verwirklichung erlangt haben. Es dauert einige Stunden oder einige Tage lang an und dann muss man wieder herabkommen. Was passiert, wenn man herabkommt? Sehr oft vergisst man seinen eigenen Namen. Man vergisst sein Alter. Man kann nicht mehr richtig sprechen. Doch durch fortgesetzte Übung wird man mit der Zeit fähig, vom Nirvikalpa-Samadhi herabzukommen und sofort wieder normal zu funktionieren.
In der fernen Vergangenheit gab es spirituelle Meister, die das Nirvikalpa-Samadhi erreichten und nicht mehr herabkamen. Sie blieben in ihrem höchsten Samadhi und fanden es unmöglich, wieder in die Atmosphäre der Welt einzutreten und wie gewöhnliche Menschen zu arbeiten. Während man sich in jenem Bewusstseinsstadium befindet, kann man in der Welt nicht wirken; es ist einfach unmöglich.
Wenn man in das Nirvikalpa-Samadhi eintritt, will man normalerweise nicht mehr in die Welt zurückkommen. Wenn man dort achtzehn oder einundzwanzig Tage verbleibt, dann ist es gut möglich, dass er den Körper verlassen wird. Doch es gibt eine göttliche Fügung. Wenn der Supreme [Gott] will, dass eine bestimmte Seele hier auf der Erde arbeitet, dann bringt der Supreme den betreffenden Menschen selbst nach einundzwanzig oder zweiundzwanzig Tagen in einen anderen Kanal dynamischen göttlichen Bewusstseins und lässt ihn wieder auf die irdische Ebene zurückkehren, um dort zu wirken.
Das Sahaja-Samadhi
Das Sahaja-Samadhi ist bei weitem das höchste Samadhi. In diesem Samadhi befindet man sich im höchsten Bewusstsein, während man gleichzeitig in der grobphysischen Welt arbeitet. Man erhält die Erfahrung des Nirvikalpa-Samadhis aufrecht, während man sich gleichzeitig in irdische Aktivitäten stürzt. Man ist zur Seele geworden und gebraucht gleichzeitig den Körper als vollkommenes Instrument. Im Sahaja-Samadhi geht man wie ein normaler Mensch. Man isst. Man tut die üblichen Dinge, die ein gewöhnlicher Mensch tut. Doch in den innersten Winkeln seines Herzens ist man überflutet mit göttlicher Erleuchtung. Wenn man das Sahaja-Samadhi erlangt, wird man zum Herrn und Meister der Wirklichkeit. Man kann nach Belieben zum Höchsten gehen und dann ins Erdbewusstsein herabkommen, um zu manifestieren.
Nur in sehr seltenen Fällen wird man mit dem Sahaja-Samadhi gesegnet, nachdem man die höchste Art der Verwirklichung erreicht hat. Sehr wenige spirituelle Meister haben diese Ebene erreicht – nur einer oder zwei. Für das Sahaja-Samadhi ist die unendliche Gnade des Supreme erforderlich oder man muss sehr mächtig sein und Glück haben. Das Sahaja-Samadhi kommt nur, wenn man ein untrennbares Einssein mit dem Supreme aufgebaut hat oder wenn man bei seltenen Gelegenheiten zeigen will, dass man der Supreme ist. Wer das Sahaja-Samadhi erreicht hat und in diesem Samadhi verbleibt, manifestiert Gott in jeder Sekunde bewusst und vollkommen und stellt so den größten Stolz des transzendentalen Supreme dar.
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Auszüge aus dem Buch: The summits of God-Life: Samadhi and Siddhi, Sri Chinmoy, 1974, Agni Press, Deutsche Ausgabe: Samadhi und Siddhi: Die höchsten Höhen des Bewusstseins, Sri Chinmoy
Sri Chinmoy erklärt die drei Stufen des Samadhis in folgendem Video, das im Jahr 2004 in Bali aufgezeichnet wurde.